Entdeckt: Die Lehenmühle

Kundige Hände formen aus Mehl Brot und Kuchen, Nudeln und Brezen. In der Hallertau stellt ein junges Müllerpaar in der Lehenmühle den leckeren Rohstoff her. Ein Gespräch über die Kunst des Mehlmachens.

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Hoch ragt sie in den Himmel, die Lehenmühle in Lehen bei Wolnzach. Dort rumpelt, rüttelt, stampft und knirscht es auf vier Stockwerken. Andächtig stehen wir in diesem Gebäude, lauschen den meditativen Rhythmen der Maschinen. Hier entsteht also die Grundlage für knackige Semmeln, resches Brot und süße Törtchen. Mehl.

Eine von zwei Mühlen in unserer unmittelbaren Umgebung ist die Lehenmühle. Mehl zu mahlen ist dort seit 11 Generationen das Handwerk der Familie Fischer. Ob wir mal vorbeischauen dürfen, um uns das näher anzuschauen? „Klar!“- antwortet uns Bianca Fischer, die Müllersfrau.

Und so machen wir uns an einem Samstag auf zu einem kleinen Ausflug ins Müllerhandwerk. Wir haben viele Fragen im Gepäck: Warum wird man heute noch Müller? Wie hart ist die Konkurrenz zu Großmühlen? Und was macht eigentlich gutes Mehl aus?

Spielplatz Lehenmühle

Seit über zehn Jahren führt Franz-Josef Fischer (38) schon den elterlichen Betrieb. Dabei ist Müller sein weit mehr als ein Beruf, wie uns der junge Müller verrät.

Für mich war immer klar, dass ich Müller werden will! Schon als Kind habe ich mit dem Plastikbulldog im Kehrmehl gespielt, wie andere im Sandkasten.“

Das Bild lässt uns schmunzeln. Die Mühle als „Spielplatz“ hat aber auch für Erwachsene ihren Reiz.

„In der Mühle, da rührt sich was! Ich habe ein tolles Produkt, das ich auf seinem Weg vom Korn bis hin zum Mehl mitverfolgen kann. Und ich habe viel mit Menschen zu tun, mit den Kunden und auch den Landwirten der Umgebung.“

Uriges Mehl in der Lehenmühle

Die Abstimmung mit den Produzenten von Weizen, Roggen oder Dinkel ist Fischer wichtig. Denn einen großen Vorteil seines kleinen Mühlenbetriebes sieht er in der Regionalität. Er weiß von welchen Feldern sein Korn kommt und berät sich mit den Landwirten auch über neue Produkte. Franz-Josef zeigt auf ein Feld auf der anderen Straßenseite.

„Dort oben bauen wir dieses Jahr mal eine neue Urgetreidesorte an: Waldstaudenroggen. Die Nachfrage nach solchen Sorten ist in der letzten Zeit immer größer geworden.“

Emmer, Einkorn und Dinkel haben die Fischers schon länger im Mühlenprogramm. Die Flexibilität auch kleinere Mengen oder ausgefallenere Kornsorten zu verarbeiten, bringt Abwechslung und neue Herausforderungen. Gleichzeitig können sie auch schnell auf Kundenwünsche reagieren.

„Mehl ist weiß und staubt“

Mit Kunden sind nicht nur die Bäckereien in der Umgebung gemeint. Hobbybäckerinnen wie ich können auch im hauseigenen Mühlenladen stöbern. Seit Mai 2017 bieten die Fischers hier ein stetig wachsendes Sortiment an. Müsli, Nudeln, vor allem aber natürlich auch die hauseigenen Mehle in allen Varianten und Mahlgraden.

Aber warum sollte ich hier ein Kilo Mehl für circa 1,20 Euro erstehen, wenn im Supermarkt auch viel günstiger an Mehl komme? Eine freche Frage – aber Franz-Josef lächelt.

„Du bekommst einen schönen Kuchen, der aufgeht! Das sag jetzt nicht nur ich, sondern das bekommen wir oft als Feedback von den Leuten. Das Backergebnis mit unseren Mehlen ist einfach sehr gut!“

Mehl ist nicht gleich Mehl, das nehmen wir von unserem Ausflug auf jeden Fall mit. Aber gibt es denn eine Möglichkeit, gutes Mehl zu erkennen? Wieder lacht Franz-Josef.

„Erst mal ist Mehl einfach nur weiß und staubt. Wichtig ist aber zum Beispiel die Griffigkeit. Das heißt, wenn du eine Handvoll zusammendrückst, darf es nicht einfach durch die Finger rieseln. Diese Griffigkeit kommt daher, weil neben dem Mehl auch noch sogenannter Dunst in dem Mehl enthalten ist. Und der macht viel aus, wie gut man mit einem Mehl backen kann.“

Großmühlen vermarkten den Dunst normalerweise extra, sie lassen also nicht besonders viel davon im normalen Backmehl. Diese Art von Qualitätsunterschied sieht der Müller auch als einen seiner Trümpfe gegenüber den großen Konkurrenten. Das und den Service.

„Wenn heut am Samstag eine Bäckerei bei uns anruft und sagt, sie braucht noch dringend Mehl um übers Wochenende zu kommen, dann organisieren wir da was.“

Diese Art von Kundenfreundlichkeit habe auch ich schon zu spüren bekommen, als ich vor ein paar Wochen eine deutliche kleinere Einheit Vollkornmehl brauchte als im Laden stand. Der Senior hatte mir einfach die gewünschte Menge abgepackt – „Koa Problem“.

Helfende Familienhände

Auch während unseres Gespräches wuselt der Senior noch in der Mühle herum, immer mit einem milden Lächeln im Gesicht. Man sieht, der 78-Jährige hat immer noch großen Spaß an der Arbeit, dem Abfüllen des Mehls, dem Kontrollieren der Maschinen. Franz-Josef ist dankbar für die Hilfe seines Vaters.

„Jetzt bin ich ja selbst schon einige Jahre Müller. Ich lerne aber immer noch viel von meinem Vater. Etwa, wenn es um die Maschinen geht. Die sind zum Teil noch aus den 30er und den 50er Jahren. Wenn da mal was kaputtgeht. Da steht man dann erst mal ratlos davor. Und da kommt er dann und macht einfach.“

Hilfreich ist so eine väterlich helfende Hand ebenfalls, wenn man mal in Urlaub fahren möchte. Denn auch ein Müller möchte mal, mit Frau und den zwei Kleinkindern im Gepäck, ein bisschen italienische Ferienluft schnuppern. Maximal eine Woche am Stück allerdings.

„Die Wochen vor dem Urlaub sind immer irre. Da werden die Kunden noch einmal telefonisch abgeklappert, damit alle ihre Mehlsilos noch voll bekommen und eine Woche lang keine neue Lieferung mehr brauchen. Und wenn doch, kann mein Vater immer aushelfen.“

Das die alte und die neue Generation in einem Betrieb wie der Lehenmühle so mühelos nebeneinander arbeiten, ist nicht unbedingt selbstverständlich. Zumal man als junger Mensch ja auch neue Ideen und Vorstellungen mitbringt.

Klare Linie der Lehenmühle

Neu ist zum Beispiel die Ausgestaltung des Familienwappens.

„Das Familienwappen hatte früher furchtbar viele Informationen auf einmal. Wir wollten das alles ein bisschen frischer machen. Es ist jetzt klarer strukturiert.“

Junge Leute, neuer Look: Die Fischers haben ihr frisches Konzept auch optisch neu verpackt. Die klare Linie macht auch das Stöbern im Mühlenladen besonders reizvoll. Hilfe haben sich die Fischers dabei von einer Illustratorin aus München geholt. Die brachte die klare Linie auch ins Internet auf die Website der Lehenmühle.

Und jetzt? Wird man die Fischers bald auch auf Foodmessen oder bei Manufaktum in München finden? Franz-Josef winkt ab.

„Spannend wäre das schon. Aber wer macht’s? Neben dem Mühlenbetrieb haben wir ja noch den Laden und die Büroarbeit.“

Ihre frischen Ideen verwirklichen sie derzeit vor allem im Mühlenladen. Zum Beispiel beim Kreieren neuer Backmischungen. Vor allem die Vinschgerl, verrät uns Bianca am Ende noch, kommen bei den Leuten besonders gut an.

Bei uns landet noch ein Packerl Waldstaudenroggen-Mehl im Einkaufskörbchen. Mal sehen, was sich daraus leckeres zaubern lässt. Und, ob man den Unterschied wirklich schmeckt.

 

Lust auf einen Besuch? Die Hintergrundinfos:

Öffnungszeiten Mühlenladen:
Mo bis Fr: 08:00 – 12:00 Uhr; 13:30 – 18:00 Uhr; Mittwochnachmittag geschlossen
Sa 08:00 – 13:00 Uhr

Website: http://lehenmühle.de/

Adresse:
Lehen 1
85283 Wolnzach

 

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